Zusammenfassung
Ziel des Projektes ist es, evidenzbasierte Daten zur Altersbestimmung von Schweineföten zu generieren, um das Trächtigkeitsstadium gravider Schlachttiere besser bestimmen zu können und so einen harmonisierten Vollzug des TierErzHaVerbG bzw. der europäischen Gesetzgebung im Hinblick auf den Tierschutz beim Tiertransport zu ermöglichen.
Schlussendlich bietet die amtliche Überwachung des Tierschutzes entlang der gesamten Wertschöpfungskette – gestützt auf evidenzbasierten Daten – das größte Potenzial, um Schlachtungen trächtiger Nutztiere nachhaltig zu vermeiden und so dem Staatsziel Tierschutz und den zunehmend ethisch-moralischen Ansprüchen einer modernen Gesellschaft gerecht zu werden.
Im Rahmen des Projektes sollen Daten zur Altersbestimmung von Schweineföten erhoben werden, sodass Schlachtbetrieben, amtlichen Tierärzt:innen, Veterinärbehörden und praktizierenden Tierärzt:innen ein Tool zur Altersbestimmung der Föten an die Hand gegeben werden kann, welches zeitgemäß ist und die entsprechende Rechtssicherheit bietet.
Zur Erreichung der Projektziele erfolgt die Datenerhebung in mehreren Ebenen. Zunächst werden Daten zur Altersbestimmung der Föten im Rahmen von sonographischen Trächtigkeitsuntersuchungen an graviden Sauen in landwirtschaftlichen Betrieben (Ferkelerzeuger) akquiriert. Im Weiteren werden Vor-Ort-Erhebungen in kooperierenden Schlachtbetrieben durchgeführt, bei denen die klinisch erhobenen Daten zur Anwendung kommen und gleichzeitig Belegungsdaten in den landwirtschaftlichen Herkunftsbetrieben erfragt werden.
Darüber hinaus soll die Datenakquise die Grundlage für Schulungen und Fortbildungen für Landwirt:innen, Tierärzt:innen, amtliches Personal und Schlachthofpersonal bieten.
Altersbestimmung im landwirtschaftlichen Betrieb
In Kooperation mit der Klinik für Klauentiere werden im Rahmen von sonographischen Trächtigkeitsuntersuchungen an graviden Sauen Daten zur Altersbestimmung der Föten generiert. Dies beruht auf der Grundlage, dass den landwirtschaftlichen Betrieben die exakten Belegungsdaten vorliegen und somit die genaue Gestationsdauer bekannt ist.
Um der Frage nachzugehen, ob sich die fetometrischen Parameter trächtiger Sauen moderner Genetiken von der „alter“ Genetiken unterscheiden, werden zwei Genetiken (Sattelschwein (low proliferativ) und Dänische Genetik (hoch proliferativ)) mit jeweils 100 Würfen sonographisch untersucht. Hierbei werden Sauen unterschiedlicher Paritäten berücksichtigt, um zu eruieren, ob Jungsauen im Vergleich zu Altsauen in gleichen Trächtigkeitsstadien möglicherweise kleinere Föten bzw. Ferkel aufweisen. Es wird der Thoraxdurchmesser/-umfang, die Kopflänge und – soweit sonographisch noch vollständig darstellbar – die Scheitel-Steiß-Länge gemessen. Der Fokus liegt hierbei auf dem 38. und 77. Trächtigkeitstag, welche rechnerisch die Trimester begrenzen. Darüber hinaus werden die Sauen in regelmäßigen Abständen fortlaufend sonographisch untersucht, um die fetometrische Entwicklung abbilden zu können. Abschließend werden die Ferkel auch post partum vermessen. Je Untersuchung und Sau werden drei Föten bzw. Ferkel berücksichtigt.
Altersbestimmung im Schlachtbetrieb
Im Rahmen von Vor-Ort-Erhebungen in kooperierenden Schweineschlachtbetrieben sollen unterschiedliche Parameter zur Altersbestimmung der Schweineföten erhoben werden. Neben fetometrischen Parametern wie der Scheitel-Steiß-Länge, Kopflänge und -breite, Thoraxdurchmesser/-umfang und Nackensteißlänge sollen auch morphologische Charakteristika wie beispielsweise ein Zahndurchbruch erfasst werden. Zusätzlich zur direkten Messung der Föten werden einzelne Parameter im Schlachtbetrieb zudem auch am geschlossenen Uterus mittels Ultraschall untersucht. So beispielsweise die Kopflänge, Thoraxdurchmesser/-umfang und, soweit – in Abhängigkeit des Gastationsstadiums – noch darstellbar, die Scheitel-Steiß-Länge.
Anhand eines Fragebogens soll das Belegungsdatum bezogen auf alle Trächtigkeitsdrittel – wenn bekannt – im Herkunftsbetrieb erfragt werden, sodass die im Schlachtbetrieb erhobenen Parameter zusammen mit dem Belegungsdatum und der daraus resultierenden Gestationsdauer verknüpft werden können. Dies dient dazu, die Methoden der Altersbestimmung zu evaluieren und insbesondere deren Anwendbarkeit an den modernen Nutztierrassen/-hybriden/-genetiken zu prüfen. Es wäre denkbar, dass insbesondere im
Grenzbereich zweier Trimester Diskrepanzen beispielsweise zwischen der Altersbestimmung anhand der Scheitel-Steiß-Längen-Messung und den tatsächlichen Belegungsdaten der Tiere aufgezeigt werden können.
Da das Erfragen der Belegungsdaten analog zu Nielsen et al. (2019) sich als problematisch erweisen könnte und die Validität der Daten, allein anhand der Angaben der Herkunftsbetriebe, fraglich sein könnte, bilden die zuvor in den landwirtschaftlichen Betrieben an lebenden Sauen erhobenen Parameter Vergleichswerte, um die Validität der im Schlachtbetrieb erhobenen Daten sicherzustellen. Gleichzeitig können die Untersuchungen im Bedarfsfall auf Schlachtungen trächtiger Schweine im Rahmen von Eradikationsprogrammen bzw. Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen oder auf Falltiere in Tierkörperbeseitigungsanlagen ausgeweitet werden.
Während der Stichprobenumfang für die Untersuchungen in den landwirtschaftlichen Betrieben (100 Würfe je Genetik) im Rahmen einer statistischen Beratung eingeschätzt worden ist, ist aufgrund der Abhängigkeit von diesen Ergebnissen in der Schlachtbetriebsebene eine Stichprobenkalkulation im Vornherein nicht möglich.
Neben der Akquise valider Daten, ermöglicht die Kombination aus klinischer Trächtigkeitsuntersuchung und Trächtigkeitsuntersuchung im Schlachtbetrieb zudem einen raschen stufenübergreifenden Wissens- und Praxistransfer mit hohem Praxisbezug entlang der Wertschöpfungskette. Das Projekt leistet somit durch die Implementierung der Altersbestimmung in der amtlichen Überwachung bzw. Befunddatenerfassung einen direkten Beitrag zum Tierschutzvollzug und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Optimierung der Trächtigkeitsuntersuchung bzw. Entscheidungsfindung bezüglich trächtiger Schlachttiere im Rahmen der tierärztlichen Bestandsbetreuung.