Bernd-Tönnies-Preis 2016: SWR2-Radioreportage von Miriam Freudig und Marion Meyer-Radtke gewinnt Bernd-Tönnies Medienpreis

Berlin, 12. April 2016 – Der Bernd-Tönnies-Preis wurde in diesem Jahr an die Journalistinnen Miriam Freudig und Marion Meyer-Radtke und ihren Rundfunkbeitrag „Kükentötung und die schwierige Suche nach Alternativen“ verliehen. Die Sendung wurde von SWR2 Wissen am 19. Mai 2015 erstausgestrahlt und thematisiert mögliche Alternativen zur Tötung von männlichen Küken in der Geflügelindustrie. Der Beitrag thematisierte u.a. das sogenannte Zweinutzungshuhn, die Aufzucht von Legehennen-Brüdern und die Chancen der Geschlechtsbestimmung im Ei.

Auszeichnung des Siegerbeitrags durch Clemens Tönnies

Clemens Tönnies überreichte den diesjährigen Preisträgerinnen die Auszeichnung im Namen der Jury des Bernd-Tönnies-Preises. „Wir freuen uns, dass sich auch in diesem Jahr so viele Teilnehmer mit interessanten und qualitativen Beiträgen zum Thema Tierwohl und Nutztierhaltung beworben haben. Der Beitrag von Frau Freudig und Frau Meyer-Radtke fand in der Jury einstimmig große Anerkennung, da er erstklassig recherchiert ist und es schafft, die Möglichkeiten und Grenzen in Sachen Tierwohl umfassend zu beleuchten.“

“Kükentötung und die schwierige Suche nach Alternativen”

SWR2 Wissen 18.05.2015 • Miriam Freudig und Marion Meyer-Radtke

Das Feature

Jedes Jahr werden in Deutschland rund 45 Millionen männliche Küken direkt nach dem Schlüpfen getötet – weil sich niemand ihre Aufzucht leisten kann bzw. will. Nicht nur Verbraucher finden das abstoßend, auch in der Geflügelbranche wachsen die Skrupel. Seit Jahren forschen Experten an Alternativen wie dem so genannten Zweinutzungshuhn, der Aufzucht der Legehennen-Brüder oder der Geschlechtsbestimmung noch im Ei. Doch eine einfache Lösung gibt es nicht, erst recht keine preiswerte. Hier zeigt sich das ganze Dilemma der industrialisierten Agrarwirtschaft, weil mangelnde Ethik und äußerste Effizienz wohl nirgendwo auf so unheilvolle Weise miteinander verknüpft sind wie in der Geflügelwirtschaft.

Wir zeigen, wie es dazu kam, dass die Geflügelwirtschaft heute so hoch spezialisiert ist, besuchen zwei Landwirte, die Neues jenseits des gängigen Systems ausprobieren, sind bei Lohmann Tierzucht, einem der größten Legehennenzüchter weltweit, besuchen eine Brüterei, in der das Dilemma besonders deutlich wird, und sprechen mit einer Wissenschaftlerin über ihre Forschung zur Geschlechtsbestimmung im Ei.

Warum dieses Thema?

Auf der Grünen Woche vor drei Jahren sind wir erstmals auf das Thema „Zweinutzungshuhn“ gestoßen. Als wir anfingen, uns intensiver damit zu beschäftigen, wurde schnell klar, dass ein Ausstieg aus der Kükentötung nicht einfach ist. Uns fiel auf, dass die Debatte um Kükentötungen und Alternativen häufig sehr emotional geführt wird und die „Guten“ und die „Bösen“ rasch ausgemacht scheinen. Deshalb war unser Anliegen, offen an das Thema heranzugehen. Dabei wollten wir erst einmal erklären, warum es die Kükentötungen gibt und warum es so schwierig ist, auszusteigen.

Wir wollten aber auch zeigen, dass trotzdem Alternativen möglich sind. Wir haben Menschen aus Landwirtschaft, Zuchtunternehmen, einer Brüterei und aus der Wissenschaft getroffen, die sich für einen Ausstieg aus der Kükentötung und die Suche nach Alternativen engagieren – wenn auch mit sehr unterschiedlichen Herangehensweisen. Eine Patentlösung gibt es unserer Meinung nach nicht – so war es unser Anliegen, die Hörer auf der Suche nach Antworten mitzunehmen.

Miriam Freudig und Marion Meyer-Radtke

Die Journalistinnen Marion Meyer-Radtke und Miriam Freudig arbeiten gemeinsam in der Journalistenetage in Berlin. 2015 haben sie beschlossen, ihre Kompetenzen zusammenzuwerfen, um gemeinsam Radiofeatures, Magazinreportagen und Multimediageschichten zu komplexen Themen umzusetzen.

Die Preisträgerinnen

Miriam Freudig, geboren 1967 in Stuttgart, arbeitet als freie Hörfunkjournalistin und Fotografin in Berlin. Sie studierte Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Soziologie, volontierte beim Südwestrundfunk und bildete sich fort an der Ostkreuzschule für Fotografie. Eines ihrer Schwerpunkt-Themen ist die Entwicklung ländlicher Regionen, besonders in Brandenburg. Sie hat mehrere Jahre ein Opernprojekt in der Prignitz begleitet, dazu Radiofeatures (SWR2, rbb, Bayern 2) gemacht und einen Bildband veröffentlicht. Sie bekam 1998 den Journalistenpreis der Dresdner Bank und der Europäischen Bewegung Deutschland für das Hörfunk-Feature „Wenn der Euro kommt“ (SWR). 2003 erhielt sie den Nachwuchspreis des Journalistinnenbundes für das Hörfunk-Feature „Jetzt fängst Du auch noch bei den Bio-Weibern an“ (SR2, rbb).

Marion Meyer-Radtke, geboren 1968 in Braunschweig, arbeitet als freie Wirtschafts- und Verbraucherjournalistin in Berlin. Nach dem Studium der Neueren Fremdsprachen in Gießen und Sheffield arbeitete sie ein Jahr im Bundestagsbüro von Cem Özdemir, bevor sie bei der Nachrichtenagentur Agence France Presse in Berlin volontierte. Nach sechs Jahren als Nachrichtenredakteurin bei AFP machte sie sich als Autorin selbstständig. Ihr Schwerpunkt liegt auf Themen rund um Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie. In den vergangenen Jahren erschienen dazu Features u.a. über das Zweinutzungshuhn, die Digitalisierung der Landwirtschaft, den Streit um den „Hähnchen-Highway“ bei Celle und das Thema Tierwohl. Ihre Texte veröffentlicht sie überwiegend in Die WELT und WELT am Sonntag.

Der Bernd-Tönnies-Preis wird alle zwei Jahre von der gemeinnützigen Tönnies Forschung vergeben, um den sachlichen und aufgeklärten Journalismus zu Fragen des Tierschutzes in der Nutztierhaltung zu fördern.