Nachhaltigkeit, Soziales und Klimaschutz gewinnen Gewicht

Rheda-Wiedenbrück – Die Tönnies Forschung hat sich in Teilen neu aufgestellt – programmatisch wie personell: Anlässlich der jüngsten Sitzung des Kuratoriums begrüßte dessen Vorsitzender Professor Dr. Hans-Joachim Bätza und sein Stellvertreter Professor Dr. Dr. Kai Frölich, Direktor des Tierparks Arche Warder e.V., als neue Mitglieder den Präsidenten des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands, Hubertus Beringmeier, Gesa Langenberg, Agrarwissenschaftlerin und Landwirtin sowie Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), Professor Friedhelm Taube, ehemaliger Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Johannes Remmel, NRW-Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen a.D., sowie und Professor Dr. Wilhelm Windisch, ehemals Ordinarius für Tierernährung an der Technischen Universität München. Weiter aktiv in dem Gremium sind Dr. Madeleine Martin, Tierschutzbeauftragte des Landes Hessen, Jens-Uwe Göke, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, sowie Professor Gerd Weyland, Weyland und Koerfer/Partnerschaft von Rechtsanwälten.

Per einstimmigen Beschluss will sich die gemeinnützige Gesellschaft künftig verstärkt Aspekten der Nachhaltigkeit in der Nutztierhaltung, des Klimaschutzes und des Lebensmittelmarkts unter sozialen Gesichtspunkten widmen ohne dabei allerdings das Tierwohl aus den Augen zu verlieren. Nicht zuletzt die gesellschaftlichen Entwicklungen und auch die Verbrauchererwartung in Bezug auf Tierhaltung im Einklang mit Natur und Umwelt hatten dazu geführt, dass eine thematische Neuausrichtung der Tönnies-Forschung ins Auge gefasst wurde. Ziel ist, gesellschaftliche Fragestellungen zu Klima-, Umwelt- und Naturschutz, Biodiversität und Ernährung sowie Tierwohl zu bearbeiten. Darüber hinaus ist auch die Schulung von Personen zu den Themen Tier-, Verbraucher- und Naturschutz förderungsfähig, insbesondere dann, wenn diese beruflich in der Nutztierhaltung tätig sind. Zuletzt zählen Publikationen der Forschungsprojekte, ihrer Ergebnisse und Dialogveranstaltungen mit gesellschaftlichen Akteuren zum Spektrum.

In den letzten Bereich fällt ein viel beachteter Workshop, der der jüngsten Sitzung des Kuratoriums vorausgegangen und der Frage „Tierwohl und Emissionen – wie schaffen wir die optimale Haltung?“  gewidmet war. Auch wenn sich aus der Veranstaltung kein konkretes Forschungsziel habe ableiten lassen, so sei die Veranstaltung „in jeder Hinsicht bereichernd gewesen“, würdigte Professor Dr. Hans-Joachim Bätza, weil neben den hochqualifizierten Fachvorträgen die unterschiedlichen Stakeholder an einem Tisch saßen.

Aktuell werden von der Tönnies-Forschung vier wissenschaftliche Projekte unterstützt. Das sind Vorhaben  zur Verbesserung des Tierschutzes und der -gesundheit in der Milchviehhaltung durch Untersuchungen zu Prävalenz und Ätiologie von Schwanzspitzennekrosen bei Milchkühen, Untersuchungen beim Schwein zur Geburtsphysiologie und -pathologie und über die Genotyp-Umwelt-Interaktion auf endokrine und metabolische Parameter der Ferkel-Vitalität sowie die Altersbestimmung von Schweineföten vor dem Hintergrund des Tierschutzvollzuges sowie weiterer Aspekte im Zusammenhang mit Transport und Schlachtung von trächtigen Tieren.

Das vierte Projekt ist schon jetzt eine Erfolgsgeschichte: SINS. Es steht für Swine Inflammation and Necrosis Syndrome und wurde 2019 zum ersten Mal durch die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Dr. Gerald Reiner publiziert. Lange Zeit war das neue Syndrom durch Ablehnung gekennzeichnet. „Kritiker versuchten, die erheblichen Befunde an Schweinen, die sich regelmäßig im Bereich des Schwanzes, der Ohren, der Zitzen, des Kronsaums, der Klauen und weiterer Körperteile zeigen, zwingend als Technopathien und Beiß-Erscheinungen abzutun“, blickt der Wissenschaftler zurück. Es sei der Tönnies Forschung zu verdanken, dass letztlich der Beweis gelang, dass es sich bei SINS um ein primär endogenes Syndrom handelt, erinnerte Reiner während der jüngsten Sitzung des Kuratoriums an die Anfänge. Diese Erkenntnis sei von erheblicher Bedeutung für die Bekämpfung einer Krankheit, die bei den betroffenen Tieren mit erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden einhergehen kann.

Der jüngst erreichte Meilenstein diene nun insbesondere dazu, die in die Pathogenese der Erkrankung einbezogenen Gene zu identifizieren, um züchterisch tätig werden und sie insoweit auch besser bekämpfen zu können. Außerdem erwarten wir aufgrund dieser Studien, neue diagnostische Möglichkeiten zu erhalten“, blickte der Wissenschaftler voraus. Dr. Gereon Schulze Althoff, Geschäftsführer der Tönnies-Forschung, schlug vor, dem Thema Genetik und Zucht einen Workshop zu widmen. Es berühre die Anliegen der Gesellschaft schließlich in vielerlei Hinsicht.

Das nächste Mal tagt das Kuratorium im März 2024 in Berlin im Vorfeld eines Symposiums, zu dem die Tönnies Forschung alle zwei Jahre einlädt und in dessen Rahmen der mit 10.000 Euro dotierte Bernd-Tönnies-Preis für Tierschutz in der Nutztierhaltung verliehen wird. Bewerbungen sind noch bis Ende 2023 möglich.