Rassenvielfalt und Agrobiodiversität erhalten
Die Welternährungsorganisation FAO hat im letzten Weltzustandsbericht über „Tiergenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft“ 7.616 Rassen gezählt. Insgesamt sind dort 740 Rassen als ausgestorben aufgelistet. 20 Prozent sind unmittelbar vom Aussterben bedroht. Für die nächsten 20 Jahre rechnet die FAO zudem mit einem Totalverlust von 2.000 weiteren Haustierrassen (BLE, 2008). Mit jeder verlorenen Tierrasse verschwinden wichtige genetische Ressourcen, die für den Erhalt der Agrobiodiversität dringend erforderlich sind.
Erlösentwicklung von Nutztieren
In der Vergangenheit gab es verschiedene Gründe, weshalb alte Nutztierrassen aus der Produktion ausschieden. Häufigster Grund waren zu geringe Erlöse oder zu hohe Produktionskosten, z.B. durch Nachteile in der Futterverwertung, bei der Milchleistung, Wurfgröße oder Legeleistung. Um diese Produktionskosten zu kompensieren, müssten die Produkte von alten Rassen höhere Erlöse einfahren. Besonders bei seltenen Nutztierrassen sind jedoch geringere Erlöse je Nutztier zu erwarten. Typischerweise ist die des einzelnen Tieres produzierte Menge an Fleisch, Milch und Eiern geringer als bei Standardrassen (Thiele et al., 2010).
Prognose zur Immunkompetenz
Um Haltungsbedingungen von Schweinen zu optimieren, ist zu prüfen, ob alte Schweinerassen über besondere physiologische Besonderheiten zur Auffrischung der gegenwärtigen Rassen verfügen. Es ist zu vermuten, dass unterschiedliche Rassen bei vergleichbaren Haltungsbedingungen sowie bei Exposition mit in der Schweinehaltung relevanten Erregern voneinander differierende Immunreaktionen zeigen. Dabei geht man davon aus, dass alte Rassen „robuster“ reagieren, d.h. auch eine ausgeprägte Immunkompetenz besitzen.
Forschungsdesign zum Vergleich der Immunkompetenz
Die Fragestellung wurde durch einen Vergleich des Immunstatus von HL-Schweinen (Hybridschweinen), einer alten Schweinerasse (Turopolje) und einer Kreuzung aus moderner und alter Rasse unter vergleichbaren Haltungsbedingungen untersucht. Es zeigte sich, dass Turopoljeschweine sich einem anderen Mechanismus zur Elimination des viralen Erregers bedienen als die moderne Rasse. Auf einen Stimulus durch Stress reagiert das Immunsystem der HL-Schweine intensiver als das der Turopolje. Außerdem stellten die Forscher fest, dass die Fleischqualität bei den Kreuzungstieren im Vergleich zu der der HL-Schweine deutlich besser war, ohne dass Einbußen bei der Gewichtszunahme auftraten.
Handlungsempfehlung
Nach derzeitigem Kenntnisstand lohnt es sich, die alten Rassen weiter zu stärken und sie eventuell in die moderne Zuchtlinie einzukreuzen.
Dokumente und Download
https://www.cabdirect.org/cabdirect/abstract/20173138228
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27185261/
Publikationen
Ballweg, I.C., K. Frölich, E. Fandrey, H.H.D. Meyer, H. Kliem (2014) Comparison of the meat quality of Turopolje, German Landrace x Turopolje and German Landrace x Pietrain pigs. Agriculturae Conspectus Scientificus (ACS) 79 (4), 253-259.
Ballweg, I.C., K. Froelich, E. Fandrey, H. Kliem, M. Pfaffl (2016) Comparison of the immune competence of Turopolje, German 2’ÄLandrace × Turopolje, and German Landrace × Pietrain pigs after PRRSV vaccination. Veterinary Immunology and Immunopathology 174, 35–44.
Ballweg, I.C., K. Frölich, H. Kliem, M. Pfaffl (2016) Rassebedingte Immunglobulin G und M Konzentrationsschwankungen im Kolostrum, Milch und Serum von Schweinen. Zeitschrift für Züchtungskunde 88 (4), 282-292.
Frölich, K., I. Ballweg, D. Sorg, H. Bostedt, A. Ludwig, G. Breves (2018) Sind alte Haustierrassen „robuster“?: Untersuchungen zur immunologischen Kompetenz. Deutsches Tierärzteblatt 66 (12),1644-1648.